Empfehlungen zur Organisation des Güterichterverfahrens und zur Aus- und Fortbildung der Güterichter

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BayStMJV) hat am 16. Juli 2012 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein Konzept für die organisatorische Umsetzung des Güterichterverfahrens nach § 278 Abs. 5 ZPO n.F. sowie für die Aus- und Fortbildung der Güterichter erarbeiten sollte.

Die Arbeitsgruppe wurde von Herrn Prof. Dr. Reinhard Greger, Universität Erlangen-Nürnberg geleitet und hatte folgende weitere Mitglieder:

Dr. Rainer Gemählich, Präsident des LG Nürnberg-Fürth

Dr. Elisabeth Kurzweil, Direktorin des AG Wolfratshausen

Dr. Beatrix Schobel, Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucher­schutz

Harriet Weber, Vors. Richterin am LG München I

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sowie weitere bisher ergangene Umsetzungs­maßnahmen  werden im Folgenden wie folgt zusammengefasst:

1. Rechtlicher Rahmen

§ 278 Abs. 5 ZPO und § 36 Abs. 5 FamFG sehen vor, dass das Gericht die Parteien bzw. Betei­ligten „vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterich­ter)“ verweisen kann. Damit ist eine neue richterliche Geschäfts­aufgabe entstanden, die in den Geschäftsverteilungsplänen abgedeckt werden muss. Wegen der notwendigen Organi­sations- und Schulungsmaßnahmen kann dies nicht mit sofortiger Wirkung geschehen. Nach der Überleitungsvorschrift in § 9 MediationsG ging der Gesetzgeber davon aus, dass ab 1.8.2013 das Stadium der Modellversuche beendet und das Güterich­terverfahren generell eingeführt sein soll. Für den Geschäftsbereich des BayStMJV folgt daraus, dass das bisher haupt­sächlich an den Landgerichten praktizierte Güterichtermodell zunächst unverän­dert weitergeführt werden kann, bis zum 1.8.2013 aber für alle Zivil- und Fami­liengerichte die Möglichkeit zu schaffen ist, Verfahrensbeteiligte vor einen nicht entscheidungsbefugten Richter zu verweisen, der mit besonderen Methoden der Konfliktbeilegung, einschließlich Mediation, eine gütliche Beilegung des Rechts­streits versucht.

Die jetzige Gesetzesfassung vermeidet zwar den (anderweitig besetzten) Begriff des ersuch­ten Richters. Dennoch handelt es sich bei der Durchführung der Güte­richterverfahren um eine vergleichbare kommissarische Tätigkeit. Es findet keine Abgabe oder Verweisung des Rechtsstreits statt; die Parteien werden für die Gü­teverhandlung „vor einen hierfür be­stimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter verwiesen“; der Rechtsstreit bleibt beim Prozessgericht rechtshängig. Anders als beim Versuch einer außergerichtlichen Konfliktbeile­gung nach § 278a Abs. 2 ZPO n.F. kommt es auch nicht zum Ruhen des Verfahrens. Das Güte­richter­verfahren ist Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens; die Güterichter handeln in rich­terlicher Eigenschaft und nehmen die der Rechtsprechungsfunktion zuzurech­nende Aufgabe der „gütlichen Beilegung des Rechtsstreits“ (§ 278 Abs. 1 ZPO) wahr.

Die Bestimmung zum Güterichter erfolgt demgemäß im richterlichen Geschäfts­vertei­lungsplan gem. § 21e GVG (Bericht des BT-Rechtsausschusses, BT-Drucks. 17/8058, S. 21). Zu der Frage, ob dort auch die Person des im Einzelfall zuständi­gen Güterichters verbindlich festzulegen ist, werden unterschiedliche Auffassun­gen vertreten. Nach Auffassung der Arbeitsgruppe besteht eine solche Bindungs­wirkung jedoch nicht. Es ist zwar sachgerecht, wenn der Geschäftsverteilungsplan für die Zuständigkeit von mehreren am Gericht tätigen Güterichtern abstrakte Regelungen aufstellt; dies steht einer flexiblen Fallaufteilung aber nicht entgegen. Eine solche kann z.B. zum Belastungsausgleich oder zum Ausnutzen beson­derer fachlicher Kompetenzen sehr zweckmäßig sein. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, gilt nach der Recht­sprechung von BVerfG und BGH nur für die richterlichen Funktionen, die mit der Entscheidungstätigkeit verbunden sind (BVerfGE 4, 412 = NJW 1956, 545), nicht für die Herbeiführung und Beur­kundung von Prozessvergleichen (BGHZ 35, 309, 312 = NJW 1961, 1817, 1818). Zudem kön­nen die Parteien die Verhandlung beim Güterichter jederzeit sanktionslos beenden. Sie nutzen dieses Vermittlungsange­bot freiwillig, können also keinem gesetzlichen Richter „entzogen“ werden.  Auf Grund der Erfahrungen aus dem Modellprojekt „Güterichter“ spricht sich die Arbeitsgruppe nachdrücklich dafür aus, an der Möglichkeit  einer flexiblen Fallzu­weisung keine Zweifel aufkommen zu lassen.

2. Flächendeckender Einsatz

a) Gestaltungsmöglichkeiten

Da die Verweisung an einen Güterichter nunmehr gesetzlich vorgesehen ist, muss sie (jedenfalls ab 1.8.2013) in jedem gerichtlichen Verfahren praktiziert werden können. Aus diesem Grund muss entweder an jedem Gericht mindestens ein Rich­ter mit der Aufgabe des Güterichters betraut oder eine gerichtsübergreifende Verweisungsmöglichkeit geschaffen werden. Es bestehen somit folgende Optio­nen:

(1) Eigene Güterichter an jedem Gericht

Die Präsenz des Güterichters „vor Ort“ würde sicherlich zu einer sachgerechten Nutzung dieser Verfahrensart beitragen. Der Güterichter erschiene eher als Bestandteil des normalen Prozessbetriebs, wenn hierfür nicht die Einschaltung eines auswärtigen Richters erforderlich würde. Die Prozessrichter bekämen eine bessere Vorstellung von den Besonderheiten und Vorzügen dieses Verfahrens; der Austausch hierüber im Kollegenkreis würde gefördert.  All dies könnte einen wesentlichen Beitrag zur sachgerechten Nutzung des Güterichterverfah­rens leisten.

Durch die Ortsnähe würde Reiseaufwand vermieden; es bedürfte auch keiner Regelungen zum Belastungsausgleich zwischen verschiedenen Gerichten.

Problematisch könnte bei dieser Option allerdings sein,

  • ob es gelingt, an jedem Gericht min­destens einen sowie für Vertretungsfälle einen weiteren Richter für die Ausbildung zum und die Tätigkeit als Güterich­ter zu gewinnen,
  • ob die notwendigen Schulungsmaßnahmen bis zum 1.8.2013 durchgeführt werden können
  • und ob bei kleineren Gerichten genügend Fälle zugewiesen werden, um die für diese spezielle Tätigkeit erforderliche Erfahrung und Routine zu gewinnen.

Die Arbeitsgruppe hält es für ganz wesentlich, dass die Funktion des Güterich­ters nur von hierfür besonders motivierten und qualifizierten Richtern ausgeübt wird.

(2) Gerichtsübergreifende Güterichtertätigkeit

Kann an einem Gericht kein eigener Güterichter bestellt werden, kommen für die Wahrnehmung dieser Geschäftsaufgabe folgende zwei Modelle in Betracht:

  • in den Geschäftsverteilungsplänen umzusetzende Kooperationsvereinbarun­gen über die Erledigung von Güterichterverweisungen eines anderen Gerichts, oder
  • Teilabordnung von Richtern an ein anderes Gericht zum Zwecke der Durchfüh­rung von Güterichterverfahren.

Diese Modelle würden gegenüber Option (1) den Ausbildungsbedarf verrin­gern und die Auslastung verbessern.

Sie würden zwar die Frage des Belastungsausgleichs aufwerfen; diese erscheint aber lösbar. Da es sich nur um einzelne Güterichter­verhandlungen handeln würde, deren Zeitbedarf nach den Ergebnissen der Evaluation im Mittelwert bei ca. 4,5 Stunden liegt, dürfte die gering­fügige Verlagerung von Arbeitslast verkraftbar sein. Beim LG würde die gütliche Beilegung von AG-Sachen zudem zur Vermeidung potenzieller Berufungsverfahren führen.

Hinsichtlich des Verhandlungsorts ergäben sich auch keine besonderen Erschwer­nisse. Es böte sich an, dass die Verhandlungen am Sitzgericht des Güterichters durchgeführt werden, weil ihm dadurch Reise­tätigkeit erspart wird und dort bereits geeignete Räume vorhan­den sind. Die Reise­erschwernis für Parteien und Anwälte erscheint unproblematisch, da sie nicht das Maß dessen überschreiten dürfte, was auch bei Rechtsmittelverfahren anfällt.

b) Stellungnahme

Die Arbeitsgruppe hält aus den vorgenannten Gründen die Option (1) für unbe­dingt vor­zugswürdig.

Für Vertretungs- und Inkompatibilitätsfälle sowie für die Abgabe eigener Sachen an einen anderen Güterichter könnte dort, wo nur ein Güterichter bestellt ist, eine Vereinbarung mit  einem Nachbargericht getroffen werden, wonach sich die Güte­richter gegenseitig vertreten; dies wäre auch in den Geschäftsvertei­lungsplänen zu verankern.

3. Bestellung von Koordinatoren

Mit Nachdruck spricht sich die Arbeitsgruppe dafür aus, die Anregung des Bundes­tags aufzu­greifen, dass an den Gerichten Koordinatoren für den Güterichterein­satz bestellt werden sollten (BT-Drucks. 17/5335, S. 17). Sie können bei der Aus­wahl geeigneter Verfahren und der Gewinnung der Beteiligten für die Güterich­terverhandlung behilflich sein, ggf. auch Vor­schläge für eine außergerichtliche Konfliktbeilegung vermitteln. Es empfiehlt sich, hierfür erfahrene (aktive oder ehemalige) Güterichter zu gewinnen, die evtl. auch die Tutorenfunk­tion (unten 6 a) wahrnehmen können.

Da viele Richter mit dem Wesen und den Möglichkeiten der alternativen Konflikt­beilegung wenig vertraut sind und aus diesem Grund die Mediationseignung eines Falles schwer einschätzen oder den Beteiligten vermitteln können, kann mit Hilfe solcher Koordinatoren die sachgerechte Nutzung der gerichtsinternen und der außergerichtlichen Mediation sehr gefördert werden. Der dadurch zu erzielende Entlastungseffekt für die Prozessgerichte rechtfertigt den Einsatz, der mit der Ein­richtung dieser Funktion verbunden ist.

Die Koordinatoren sollten sich auf OLG-Ebene in Arbeitsgruppen organisieren, die z.B. in regelmäßigen Treffen Aktivitäten zur Förderung alternativen Konfliktbeile­gungsmethoden in gerichtlichen Verfahren entwickeln können.

Nach den Erfahrungen in anderen Ländern und Gerichtsbarkeiten tragen derartige Struktu­ren sehr dazu bei, dass die Idee der Mediation wachgehalten wird und nicht in der Alltags­routine versandet.

Das StMJV hat die Präsidenten der Oberlandesgerichte, der Land- und der Amts­gerichte gebeten,  für ihr jeweiliges Gericht einen Mediationskoordinator zu bestellen, wobei die für den Bezirk eines Landgerichts ernannten Mediationskoor­dinatoren auch die nicht präsidial geleiteten Amtsgerichte betreuen sollten.

4. Ausbildung

Die Arbeitsgruppe hält eine qualifizierte Ausbildung der Güterichter für unver­zichtbar. Das Güterichterverfahren ergibt nur Sinn und findet nur Akzeptanz, wenn dort eine Konflikt­behandlung geboten wird, die über das beim Prozess­gericht Mögliche hinausgeht. Dazu gehören insbesondere Konfliktkompetenz, Empathiefähigkeit und die Beherrschung der Kommunikations- und Kreativitäts­techniken der Mediation.

Die Güterichterausbildung sollte daher vom BayStMJV koordiniert werden und folgenden Mindeststandards genügen:

a) Dauer der Ausbildung

Um den Ausfall von Arbeitszeit für die teilnehmenden Richter in Grenzen zu hal­ten, zugleich aber genügend Zeit für den Erwerb praktischer Kompetenz durch Einüben der ungewohnten Verhandlungsführung einzuräumen, empfiehlt die Arbeitsgruppe

  • eine mindestens sechstägige Grundausbildung (in zwei oder drei Blöcken),
  • eine zweitägige Nachschulung nach ca. 1- bis 2-jähriger Praxis.

Zwischen den Abschnitten der Grundausbildung sollten einige Wochen Abstand liegen, um den Lehrstoff nachzuarbeiten, anhand von Literatur zu vertiefen, die Kommunikationstech­niken zu trainieren und Einblicke in die Praxis (z.B. durch Hospitationen) zu gewinnen.

Die Nachschulung hat sich als besonders wichtig und wertvoll erwiesen, weil sich viele Fra­gen erst aus der praktischen Erfahrung ergeben.

b) Inhalte

Neben dem Überblick über die alternativen Konfliktlösungsmethoden in ihrer Gesamtheit und der Methodik guter Kommunikation sollte der Schwerpunkt bei der Mediation liegen, weil sie das Alleinstellungsmerkmal der Güterichter, aber auch die effizienteste und an­spruchsvollste Methode darstellt.

Insbesondere sind dabei folgende Themenbereiche abzudecken:

  • Prinzipien der Mediation
  • Rollenverständnis (Allparteilichkeit, Neutralität, Empathie und professionelle Distanz, Rechtswah­rung)
  • Struktur des Mediationsverfahrens
  • Visualisierung
  • Kernkompetenzen: Umformulieren von Positionen in neutrale Themen, aktives Zuhören (paraphrasieren, verbalisieren), Fragetechnik, Klärung und ggf. Berei­nigung der Bezie­hungsebene, Interessenklärung, Kreativität bei der Lösungs­suche, Reframing, integrati­ves Verhandeln
  • Einzelgespräche
  • Umgang mit schwierigen Situationen (Interventionstechniken)

Dabei sind stets die Besonderheiten der gerichtsinternen Mediation zu berück­sichtigen, also insbesondere

  • das Verfahren der Fallzuweisung
  • Vorbereitung und äußerer Rahmen der Verhandlung
  • Sicherung der Vertraulichkeit
  • Flexibilität der Methodenwahl
  • Besonderheiten bei Familiensachen
  • Verknüpfung mit außergerichtlicher Mediation
  • Abschlussvereinbarung, Prozessbeendigung
  • Streitwert- und Kostenfragen

Wichtig ist aber auch die Vermittlung von Grundlagenwissen aus der Konflikt-, Verhand­lungs- und Kommunikationslehre, z.B.

  • Entstehung und Entwicklung von Konflikten
  • Konfliktanalyse
  • menschliches Konfliktverhalten
  • Formen des Verhandelns (kompetitiv, distributiv, kooperativ)
  • Subjektivität der Wahrnehmung
  • Vorgang und Störungen der Kommunikation

c) Lehrmethode

Theoretischer Unterricht sollte auf das unumgängliche Maß beschränkt werden. Die Teil­nehmer sollten soweit wie möglich in die Erarbeitung des Lehrstoffs einge­bunden werden (z.B. in Gruppenarbeit, Übungen).

Kommunikation, Gesprächs- und Verhandlungsführung sind in größtmöglichem Umfang in (ausge­werteten) Rollenspielen zu trainieren. Im fortgeschrittenen Sta­dium der Ausbildung sollte das Trai­ning den größten Teil der Ausbildung bilden.

Wegen der Kürze der Ausbildung ist wichtig, dass die Teilnehmer den Stoff anhand aussage­kräftiger Materialien nacharbeiten können.

d) Ausbilder

Zwecks Betreuung der Gruppenarbeit und der Rollenspiele sind pro Kurs mindes­tens zwei Ausbilder erforderlich.

Mindestens einer von ihnen muss über eigene forensische Erfahrung verfügen; die Beson­derheiten der Güterichtertätigkeit können sonst nicht adäquat vermittelt werden.

Der zweite Ausbilder sollte eine besondere Kompetenz in den Grundlagenfächern mit­brin­gen (z.B. Ausbildung als Mediator, in Verhandlungs- oder Kommunikati­onslehre).

Praktische und methodische Ausbildungserfahrung sind Grundvoraussetzung. Wünschens­wert ist auch die regelmäßige Teilnahme an Fortbildung und Super­vision.

5. Qualitätssicherung

Dieses – unverzichtbare – Ziel könnte auf folgenden Wegen erreicht werden:

a) Tutorensystem

Erfahrene Güterichter stehen hierbei den Güterichtern eines bestimmten, in der Regel meh­rere Gerichte umfassenden Bereichs als Ansprechpartner zur Verfügung (diese Funktion könnte mit der Koordination bei der Fallübertragung verbunden werden; s. oben 3).

b) Intervision, Kollegiale Beratung

Hierbei tauschen die Güterichter – am besten unter Leitung des Tutors oder eines Ausbilders – Erfahrungen aus und erarbeiten gemeinsam die Antwort auf Frage­stellungen, die sich in der Praxis ergeben haben. Die Arbeitsgruppe sieht hierin ein äußerst effizientes, keine nennenswerten Kosten verursachendes, auch den kolle­gialen Zusammenhalt förderndes Verfahren der Qualitätssicherung, das vereinzelt schon bisher auf Einzelinitiativen engagier­ter Güterichter praktiziert wurde.

c) Fortbildung

Ein- bis zweimal jährlich sollten den Güterichtern Fortbildungsveranstaltungen angeboten werden, bei denen eine interdisziplinäre Wissensvermittlung durch fachkundige Referenten (z.B. Psychologen, Neurologen, Kommunikationsforscher) stattfindet. Erfahrungen aus ande­ren Bundesländern zeigen, dass viele Güterich­ter bereit sind, hierfür einen angemessenen Kostenbeitrag zu leisten. Bei Verfüg­barkeit von Plätzen könnten diese Veranstaltungen auch für andere Richter geöff­net werden.

Alle zwei bis drei Jahre könnte ein freiwilliges Erfahrungsseminar angeboten werden.

Eine Fortbildungspflicht sollte allenfalls für die Ausbilder und Tutoren begründet werden.

d) Supervision

Die Güterichtertätigkeit stellt hohe Anforderungen an Empathiefähigkeit und soziale Kompe­tenz; oftmals ist sie auch emotional aufwühlend, denn der Güterich­ter arbeitet viel näher an den Menschen, ihren Gefühlen und Bedürfnissen, als der Streitrichter. Ein Supervisionsange­bot erscheint daher (wie bei anderen Sozial­berufen in der Justiz) unverzichtbar.

6. Akzeptanz bei den Prozessrichtern

Um eine sachgerechte Nutzung des Güterichterangebots zu erreichen, sollte in der Richter­schaft das Bewusstsein gefördert werden, worin die Besonderheiten dieses Verfahrens lie­gen und welche Vorteile es – auch für das Prozessgericht – bringt. Hierfür kommen Hinweisrundschreiben, Informationsveranstaltungen, von den  Mediationskoordinatoren initiierte Gesprächsrunden u.ä. in Betracht. Die Modellversuche haben gezeigt, dass das Güterichterverfahren dort besonders erfolgreich etabliert werden konnte, wo von Seiten der Gerichtsleitung entspre­chende Impulse gegeben wurden, etwa indem die Besonderheiten dieses Verfah­rens und seine Vorzüge bei Richterversammlungen und Besprechungen dargestellt und Erfolge dieses Verfahrens (wie z.B. die kurzfristige Erledigung besonders  komplexer oder langdauernder Verfahren oder die Befriedung gestörter, zu wiederholten Gerichtsverfahren führender Beziehungen.

Die Prozessgerichte sollten mit Info-Material ausgestattet werden, mit dem sie ihre Vor­schläge zur alternativen Konfliktbeilegung untermauern können. Es sollte auch geprüft werden, wie in den regulären Prozessablauf eine standardmäßige Prüfung der Güterichtereignung eingebaut werden kann (z.B. im EDV-Programm, in Form­blättern oder einem Vorblatt).

7. Belastungsausgleich

Einen maßgeblichen Beitrag zur Akzeptanz des Modells in der Richterschaft wird auch die faire und transparente Regelung des Belastungsausgleichs ein. Die in der Projektphase prak­tizierten Anrechnungslösungen werden sich auf den Normal­betrieb nicht übertragen lassen.

Es ist empirisch nachgewiesen, dass der Güterichtereinsatz trotz des relativ hohen Zeitauf­wands für die Sitzungen und trotz einer Quote von Rückläufern an das Pro­zessgericht in Höhe von ca. 30% insgesamt eine erhebliche Ersparnis von Richter­arbeitszeit bewirkt. Diese Entlastung kommt den Prozessrichtern zugute. Beim Güterichter entsteht durch die Über­nahme des Güteversuchs hingegen zusätzli­cher Aufwand.

Nachdem die Güterichterfunktion nunmehr eine gesetzliche Geschäftsaufgabe ist, wird sie bei der Geschäftsverteilung wie jede andere angemessen zu berücksichti­gen sein, d.h. das Präsidium wird bei der Verteilung der anderen Geschäfte diese Zusatzfunktion mit einer ge­schätzten Größenordnung anzusetzen haben. Um verlässliche Daten über Zeitaufwand beim Güterichter einerseits und Entlastungs­effekt beim Prozessgericht andererseits zu erhalten, ist es unerlässlich, die Güte­richtertätigkeit in Zukunft statistisch zu erfassen. Eine bundesweite statistische Erhebung wird aber nicht vor Januar 2014 stattfinden. Bevor deshalb verlässliche Daten vorliegen, kann als Anhaltspunkt für die Bemessung des Zeitaufwands dienen, dass nach der Evaluation der Güterichterprojekte in Bayern und Thüringen der gesamte Zeitaufwand für ein Güterichterverfahren mit Verhandlung beim Landgericht im Durchschnitt zwischen vier und fünf Stunden lag.

8. Organisationsfragen

a) Raumausstattung

Die Bereitstellung geeigneter Mediationsräume ist unerlässlich. Die Evaluation hat gezeigt, dass dies bei größeren Gerichten unschwer möglich ist, z.B. durch Umwidmung von Bera­tungs- oder Mehrfachnutzung von Besprechungsräumen. An kleineren Gerichten könnten kreative Lösungen angezeigt sein, z.B. die Mitnut­zung von Räumen anderer Gerichte oder staatlicher Dienststellen. Notfalls lässt sich durch einfache Maßnahmen (Zusammenrücken von Tischen, Aufstel­len von Sichtblenden) ein Sitzungssaal für eine Güterichterverhandlung umgestalten.

Unverzichtbar ist in jedem Fall das Bereitstellen von Visualisierungsmitteln (zumindest Flip-Chart, Klemmleisten, möglichst auch Moderationswände) und Erfrischungsgetränken.

b) Geschäftsstellenorganisation

Für den reibungslosen Ablauf der Güterichterverfahren ist eine zentrale Ge­schäftsstelle von großem Wert. Diese Verfahren fallen wegen der Vertraulichkeit und der besonderen Kom­munikationsformen völlig aus dem Rahmen des üblichen Geschäftsablaufs. Die Abwicklung bei einer hierauf spezialisierten Stelle vermeidet erhebliche Reibungsverluste. Da die Zahl der Verfahren relativ gering ist und nicht viel Schriftverkehr anfällt, kann die Aufgabe der Güterichter-Geschäftsstelle von einer anderen, weniger belasteten Geschäftsstelle mit erle­digt werden.

c) Aktenführung, Registrierung, EDV

Vorgänge aus dem Güterichterverfahren dürfen zur Sicherung der Vertraulichkeit nur mit Einverständnis der Parteien in die Prozessakten gelangen. Hierfür sind Sonderakten anzu­legen, die auch ein eigenes AR-Aktenzeichen erhalten. Wie der Gesetzgeber durch den grundsätzlichen Ausschluss der Protokollführung im Güte­richterverfahren (§ 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.) zum Ausdruck gebracht hat, soll das Entstehen von schriftlichen Dokumenten aus Gründen der Vertraulichkeit mög­lichst unterbleiben. In das Sonderheft sollen daher auch keine vertraulichen Mit­teilungen, Unterlagen oder Aufzeichnungen aufgenommen werden; diese sind der einreichenden Partei zurückzugeben oder mit ihrem Einverständnis zu ver­nichten.

Derzeit bestehen für das Güterichterverfahren noch keine Regelungen in der Aktenordnung. Bislang werden die Güterichterverfahren in Bayern aufgrund Organisationsverfügungen des Gerichtsvorstands als AR-Verfahren erfasst. Eine bundeseinheitliche Regelung wird gerade vorbereitet, die Diskussion ist aber noch nicht abgeschlossen.

In der IT-Formularreihe zum Güterichterverfahren  werden bereits Formblätter für Verfügungen und Anschreiben in Güterichterverfahren bereitgestellt. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung wurde zudem ein Formular zum schriftli­chen Vorverfahren mit optionaler Aufforderung zur Ergänzung der Klageschrift nach § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO erstellt.