FAQs zum Güterichterverfahren

1. Welche Verhandlungsmethoden kann der Güterichter anwenden?

Nach § 278 Abs. 5 ZPO, der für alle Prozessordnungen gilt, kann der Güterichter

„alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen“.

Die Palette der Methoden reicht von der Moderation über Mediation und Evaluation bis zu direktiven Interventionen. Verwehrt ist ihm lediglich die verbindliche Entscheidung des Rechtsstreits und darauf bezogener Fragen (z.B. über PKH oder Kosten). Die unterschiedlichen Methoden sind beschrieben in Arbeitshilfe 1.

2. Ist für das Güterichterverfahren die Zustimmung der Parteien erforderlich?

Nach § 278 Abs. 5 ZPO liegt die Verweisung vor den Güterichter im Verfahrensermessen des Prozessgerichts. Bei klarer Widerstandshaltung einer Partei wird es hiervon absehen. Einer ausdrücklichen Einverständniserklärung bedarf es jedoch nicht (BayLSG, Beschl. v. 5.9.2016 – L 2 P 30/16 B; ArbG Hannover, Beschl. v. 1.2.2013 – 2 Ca 10/13, ZKM 2013, 130).

Der Güterichter benötigt ein Einvernehmen mit (und zwischen) den Parteien nur dann, wenn er über die Moderation hinausgehende Methoden wie Mediation, Schlichtung, Konfliktbewertung anwenden will, denn diese setzen eine Verfahrensabsprache (Verhandlungsvertrag) voraus.

3. Wie findet der Güterichter die für den konkreten Fall richtige Methode?

Oft ist bereits aus den Verfahrensakten ersichtlich, was zu dem Rechtsstreit geführt hat (z.B. tiefgreifende Beziehungsstörung, Verletzung des Selbstwertgefühls, überzogene Anspruchshaltung, gestörte Kommunikation, Fehleinschätzung der Rechtslage) und wo Lösungsmöglichkeiten liegen könnten (Bereinigung der Beziehungsstörung, Perspektivenwechsel, Entwickeln kreativer Lösungen, Neugestaltung der Rechtsbeziehung, neutrale Beurteilung der Prozessaussichten, Ausräumen von Verstimmungen oder Missverständnissen usw.). Ergänzende Anhaltspunkte können durch Rückfragen beim Prozessrichter sowie durch Vorgespräche mit Parteien oder Parteivertretern gewonnen werden (wobei aber große Zurückhaltung geboten ist, wenn ein Mediationsverfahren in Betracht kommt und noch keine Einwilligung in vertrauliche Einzelgespräche vorliegt; s. dazu 5.).

Ein probater Weg besteht darin, mit den Beteiligten zunächst ein Mediationsverfahren zu vereinbaren und, falls sich dieses dann als nicht zielführend erweist, einverständlich zu einer anderen Methode überzugehen.Fragen zur Verfahrenswahl sollten nicht in direkter Form gestellt werden, sondern es sollte mit den aus der Mediation bekannten Fragetechniken erkundet werden, welche Erwartungen und Interessen die Parteien in Bezug auf das Verfahren haben.

4. Darf der Güterichter Bewertungen vornehmen oder Lösungen vorgeben?

Ist Mediation vereinbart, muss er sich aus Gründen der Allparteilichkeit und zur Wahrung der Parteiautonomie hierbei sehr zurückhalten. Wird eine derartige Intervention von den Parteien aber gewünscht und hält er sie zum Erreichen des Verfahrensziels für sinnvoll, kann er dem Wunsch entsprechen. Er sollte dann aber deutlich machen, dass das ursprünglich vereinbarte Mediationsverfahren verlassen wird, und die neuen Regeln klarstellen, z.B. auf welcher Grundlage er seine Bewertung abgeben soll (Rechtslage? Billigkeit? Inhalt etwaiger Einzelgespräche? Einschaltung eines Gutachters?) und welche Bedeutung seine Aussage haben soll (summarische Bewertung der Prozesschancen? Unverbindlicher Schlichtungsvorschlag? Entscheidung mit vereinbarter Bindungswirkung?).

Im Hinblick auf den ggf. fortzusetzenden Rechtsstreit ist auf jeden Fall klarzustellen, dass die Bewertung keinerlei präjudizielle Wirkung hat, weil sie auf einer ganz anderen Erkenntnisgrundlage erfolgt als das Urteil im streitigen Verfahren.

5. Darf der Güterichter mit den Parteien gesondert verhandeln?

Für das Mediationsverfahren stellt § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG ausdrücklich klar, dass der Mediator im allseitigen Einverständnis getrennte Gespräche mit den Parteien führen darf. Es empfiehlt sich, hierauf bereits bei der Vereinbarung der Verfahrensregeln hinzuweisen; das Einverständnis ist aber nochmals gesondert einzuholen. Dabei ist auch zu klären, dass der Inhalt der Einzelgespräche auf Wunsch vertraulich behandelt wird. Ob eine Partei Wert auf Vertraulichkeit legt, ist nach dem Gespräch abzuklären.

Soll der Güterichter nicht als Mediator fungieren, sondern einen (wenn auch unverbindlichen) Einigungsvorschlag unterbreiten, darf er Erkenntnisse aus vertraulichen Einzelgesprächen nur mit Zustimmung der Parteien verwerten, denn diese müssen wissen, auf welcher Basis der Vorschlag, dem zumindest eine faktische Bindungswirkung zukommt, beruht und dazu Stellung nehmen können.

Die Methodenfreiheit des Güterichters erlaubt es auch, von einer gemeinsamen Verhandlung völlig abzusehen und sich auf Einzelgespräche, auch per Telefon, zu beschränken.

Einzelgespräche, die vor einer diesbezüglichen Vereinbarung geführt werden, schließen, sofern sie über die Klärung von Verfahrensfragen hinausgehen, eine nachfolgende Mediation aus (§ 2 Abs. 3 S. 3, § 3 Abs. 2 S. 1 MediationsG analog). Andere Konfliktbeilegungsmethoden bleiben möglich; Tatsache und Inhalt der Vorgespräche sind aber offenzulegen.

6. Welche Möglichkeiten bestehen, wenn die Mediation nicht zu einer Einigung führt?

Keinesfalls sollte das Verfahren ergebnislos abgebrochen werden. Stattdessen ist die Ursache für das Stocken des Einigungsprozesses zu ergründen; es besteht dann eine Reihe spezifischer Interventionsmöglichkeiten (s. Arbeitshilfe 5).

Sind die Möglichkeiten für eine Fortführung des Güterichterverfahrens tatsächlich erschöpft, gilt es, wenigstens ein Minimalergebnis (z.B. Teil- oder Zwischenvergleich, Verfahrensabrede, vorläufige Regelung, Abschluss-Kommuniqué) festzuhalten (auch dazu Arbeitshilfe 5).

7. Was ist bei der Abschlussvereinbarung zu beachten?

Anders als in der außergerichtlichen Mediation hat die im Güterichterverfahren erzielte Einigung sowohl materiell-rechtliche als auch prozessuale Bedeutung. Beides fällt zusammen, wenn der Güterichter einen Prozessvergleich beurkundet. Dieser kann auch über den Gegenstand des Prozesses hinausgehen und auch nicht am Prozess Beteiligte einbeziehen (näher Arbeitshilfe 4). Er kann auch die notarielle Form ersetzen (z.B. bei Vereinbarung einer Schenkung); bedeutsame Rechtsgestaltungen (z.B. Übertragung von Immobilien oder Gesellschaftsanteilen) sollten aber dem Notar überlassen werden (s. BGHZ 191, 1 = NJW 2011, 3451).

Wird kein Prozessvergleich geschlossen, hat die Abschlussvereinbarung rein materiellrechtlichen Charakter, je nach Inhalt als Vertrag, der auf die Neubegründung, Änderung oder Aufhebung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist, Vergleichsvertrag, Schuldanerkenntnis, Erlass, Vorvertrag usw.

Sie kann sich auch auf die Vereinbarung eines weiteren Vorgehens beschränken (z.B. eine außergerichtliche Mediation, die Einholung eines Gutachtens, die Neubescheidung eines Antrags, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung, die Punktation von Eckpunkten eines noch abzuschließenden Vertrags, die Beauftragung eines Notars mit der Ausarbeitung eines bestimmten Vertrags usw.). Auch Erklärungen außerrechtlichen Inhalts (Entschuldigungen, Ehrerklärungen, Absichtsbekundungen) sind möglich.

In allen Fällen sollte der Güterichter auch die prozessuale Seite der Abschlussvereinbarung bedenken und Erklärungen hierzu herbeiführen (z.B. Rücknahme der Klage oder des Rechtsmittels, Erledigungserklärung, Anerkenntnis, Ruhen des Verfahrens, Fortsetzung des Rechtsstreits, ggf. mit Änderung von Anträgen oder Sachvortrag; s. Arbeitshilfe 4).