Güterichterstatistik 2016 liegt vor

23.10.2017

Die soeben vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Statistik über die Geschäftsentwicklung bei den Zivil- und Familiengerichten im Jahr 2016 belegt erneut, dass vom Güterichterverfahren in sehr geringem Maß und sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht wird.

Nachstehend wird auf einige Auffälligkeiten eingegangen; die genauen Daten sind im Tabellenanhang zur Güterichterstatistik 2016 zusammengestellt.

 

Vorbemerkungen:

Die Daten beziehen sich nicht auf die im Jahr 2016 ausgesprochenen Verweisungen, sondern auf die in diesem Jahr erledigten Zivilprozesse bzw. Familiengerichtsverfahren.

Nach Aufdeckung der Erfassungsfehler in den Vorjahren (s. Meldung vom 19.2.2017) sollten die Daten nunmehr verlässlich sein. Nach Mitteilungen aus der Praxis bestehen allerdings Zweifel, ob dies absolut gewährleistet ist.

Wie aus früheren Untersuchungen bekannt ist, trägt auch das nicht mit einer Einigung beendete Verfahren des Güterichters häufig dazu bei, dass der Rechtsstreit im Anschluss daran mit einem Vergleich beim Prozessgericht erledigt werden kann. Der Effekt des Güterichterverfahrens findet daher in der Einigungsquote nur unzureichend Ausdruck.

 

Amtsgerichte

Hier gelangte im Bundesdurchschnitt nur knapp 1% der Zivilprozesse vor den Güterichter. Zwischen den einzelnen Bundesländern und OLG-Bezirken besteht dabei eine große Schwankungsbreite. So wurde etwa in Schleswig-Holstein eine Verweisungsquote von 2,4% erreicht, während sie in Bayern und Thüringen bei 0,2% lag. Große Unterschiede gibt es selbst innerhalb desselben Bundeslandes. Im OLG-Bezirk Koblenz wurde z.B. so gut wie keine Verweisung vor den Güterichter vorgenommen, im OLG-Bezirk Zweibrücken (ebenfalls Rheinland-Pfalz) dagegen in rund 1,5% der erledigten Zivilprozesse.

Die hohe Verweisungsquote bei den saarländischen Amtsgerichten (mit 3% der bundesweite Spitzenwert) weckt Zweifel an der Validität der Datenbasis, weil an den anderen Gerichten des Saarlandes überhaupt kein Gebrauch vom Güterichterverfahren gemacht wird.

Die Einigungsquote liegt im Durchschnitt knapp über 50%. In Bayern und Hamburg werden aber 70,6 bzw. 79,8% erreicht.

In Familiensachen werden deutlich weniger Sachen vor den Güterichter verwiesen. Lediglich Schleswig-Holstein erreicht deutlich über 1%, mit größerem Abstand gefolgt von Niedersachsen (0,99%), Berlin (0,72%) und Nordrhein-Westfalen (0,67%).

Die Erfolgsquoten sind im Allgemeinen höher als in den Zivilsachen (Durchschnitt 67,5%). In 6 Ländern führen mehr als 70% der Verweisungen zu einer Einigung beim Güterichter (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen), im OLG-Bezirk Stuttgart werden sogar 90%, im OLG-Bezirk Bamberg 83,3% der verwiesenen Familienstreitigkeiten beim Güterichter beigelegt.

 

Landgerichte

Hier sind die Verweisungsquoten in der 1. Instanz im Allgemeinen deutlich höher als bei den Amtsgerichten. In Schleswig-Holstein werden 8,9% erreicht, in Mecklenburg-Vorpommern 8,1%, in Niedersachsen 7,5%, in Berlin 6,5%. Dem stehen aber Länder mit extrem niedrigen Verweisungsquoten gegenüber; in Hessen und Rheinland-Pfalz wird nicht einmal die 0,1%-Marke überschritten; das Saarland meldet keine einzige Güterichterverweisung. Diese extremen Unterschiede wecken Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens nach § 278 Abs. 5 ZPO.

Die Einigungsquote liegt im Bundesdurchschnitt bei knapp 50%. Die Länder mit den meisten Verweisungen liegen deutlich unter diesem Durchschnitt, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Verfahren dort unerledigt zurückgegeben werden, wenn die Parteien einem Mediationsverfahren nicht zustimmen. Dagegen erreichen Länder, in denen die Güterichter das volle Spektrum der Konfliktlösungsmethoden ausschöpfen, sehr gute Einigungserfolge (z.B. Thüringen mit 86%).

Berufungsverfahren werden durchwegs  nur in geringem Umfang vor den Güterichter verwiesen. Nur Mecklenburg-Vorpommern (3,9%) und Schleswig-Holstein (1,21%) erreichen hier über den Promillebereich hinausgehende Quoten, denen allerdings sehr mäßige Einigungserfolge gegenüberstehen (18,2 bzw. 38,9%). In 7 OLG-Bezirken wurde überhaupt kein Berufungsverfahren verwiesen. Die durchschnittliche Einigungsquote lag bei 43%.

 

Oberlandesgerichte

In den dortigen Berufungssachen ist die Verweisungsquote höher als bei den landgerichtlichen, allerdings mit bundesweit 0,6% immer noch sehr gering. Nur bei den OLG Brandenburg, Celle, Naumburg und Schleswig sowie beim KG wird in größerem Umfang (1,4 bis 2,5%) an den Güterichter abgegeben. Die Einigungsquoten differieren stark, was auch auf die geringen Fallzahlen zurückzuführen ist. Der Bundesdurchschnitt von 53% zeigt aber, dass (entgegen verbreiteter Meinung) der Einsatz des Güterichters auch beim OLG erfolgversprechend ist.

In den familienrechtlichen Beschwerdesachen liegt die Einigungsquote mit 71,3% noch höher. Allerdings wird nicht an allen OLG von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Nur Schleswig, Celle, Hamburg und Frankfurt/Main melden Verweisungsquoten zwischen 2 und 3,4%.